Das musst du zum Pflegegrad wissen.

Was bedeutet ein Pflegegrad und warum ist er so wichtig?
Vielleicht hast du den Begriff „Pflegegrad“ schon einmal gehört – sei es beim Arzt, bei der Krankenkasse oder im Gespräch mit Angehörigen. Aber was genau verbirgt sich eigentlich dahinter? Und warum kann ein Pflegegrad so entscheidend für deinen Alltag sein, wenn du mit einer Gehbehinderung lebst?
Gerade nach einer neu erworbenen Behinderung (Querschnittslähmung, Amputation, muskulären- oder neurologischen Erkrankungen …) sollte schon im Krankenhaus abgeklärt werden, ob ein Pflegegrad beantragt werden kann/soll.
Leider ist das nicht selbstverständlich. Deshalb sollten „wir“ darauf achten und darauf bestehen. Denn Hilfe kann man, gerade am Anfang, zuhause nicht genug bekommen.
Ein Pflegegrad ist der offizielle Nachweis dafür, dass du im Alltag auf Unterstützung angewiesen bist. Je nachdem, wie stark deine Selbstständigkeit eingeschränkt ist, bekommst du einen Pflegegrad zwischen 1 und 5. Und mit diesem Pflegegrad hast du Anspruch auf verschiedene Leistungen – zum Beispiel finanzielle Unterstützung, Hilfsmittel oder Entlastung im Alltag.
Einstufung in den Pflegegrad
Seit 2017 gibt es in Deutschland fünf Pflegegrade. Sie haben die früheren Pflegestufen ersetzt. Statt sich nur auf körperliche Einschränkungen zu konzentrieren, schaut man heute genauer hin: Wie stark ist deine Selbstständigkeit im Alltag tatsächlich eingeschränkt?
Die Einstufung übernimmt der Medizinische Dienst (MD) – bei gesetzlich Versicherten oder Medicproof – bei privat Versicherten. Dabei wird anhand eines Punktesystems (Bewertungsskala von bis zu 100 Punkte) beurteilt, wie viel Unterstützung du brauchst.
Die Gewichtung hat sich im Vergleich zu den alten Pflegegraden verändert. Weg von nur körperlichen Hilfebedarfen hin zu kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten und Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen. Auch die Gestaltung des Alltagslebens und die pflege sozialer Kontakte wird miteinbezogen.
Die Pflegegrade im Überblick
Pflegegrad 1 – Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Du bekommst Pflegegrad 1, wenn du leichte Einschränkungen hast, aber deinen Alltag größtenteils noch selbst bewältigst. Vielleicht brauchst du nur bei bestimmten Aufgaben etwas Unterstützung – z. B. beim Duschen, beim Anziehen oder bei der Medikamenteneinnahme.
Punkte im Begutachtungssystem: 12,5 bis unter 27
Leistungen:
- 131 € pro Monat als zweckgebundener Betreuungs- und Entlastungsbetrag. Damit kannst du eine Haushaltshilfe bezahlen die beim Putzen oder Einkaufen hilft. In manchen Bundesländern kann man das über die Nachbarschaftshilfe abrechnen. In anderen nur über einen Dienst der nach §45 SGB XI arbeitet. (je nach Bundesland)
- Zuschüsse für Pflegehilfsmittel (bis 42 € pro Monat)
- Wohnraumanpassung (z. B. für barrierefreie Umbauten, bis zu 4.180 €)
- Pflegeberatung und Pflegekurse
- Wohngruppenzuschuss (224 € monatlich)
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) (bis 53 € monatlich)
- Vollstationäre Pflege im Heim (131 € monatlich)
Wichtig zu wissen: Pflegegeld oder Pflegesachleistungen bekommst du bei Pflegegrad 1 noch nicht. Das bedeutet, du hast noch keinen Anspruch auf professionelle Pflege zuhause.
Pflegegrad 2 – Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Du hast im Alltag regelmäßig Unterstützungsbedarf, etwa beim Waschen, beim Zubereiten von Mahlzeiten oder beim Treppensteigen. Du benötigst Hilfe wegen psychischer Probleme.
Punkte im Begutachtungssystem: 27 bis unter 47,5
Leistungen:
- Pflegegeld (347 € pro Monat bei häuslicher Pflege durch Angehörige)
- Pflegesachleistungen (796 € bei ambulanter Pflege durch einen Pflegedienst)
- Tages- oder Nachtpflege (721 € im Monat)
- Vollstationäre Pflege (805 € pro Monat)
- Entlastungsbetrag (131 € pro Monat)
- Verhinderungspflege (1.685 € jährlich)
- Kurzzeitpflege (1.854 € jährlich)
- Wohngruppenzuschuss (224 € monatlich)
- Hausnotruf (bis 25,50 € monatlich)
- Pflegehilfsmittel (bis 42 € monatlich)
- Wohnraumanpassung (bis 4.180 € pro Maßnahme)
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) (bis 53 € monatlich)
- Pflegeberatung (verpflichtend ab Pflegegrad 2 – hier, einmal pro Halbjahr)
- Pflegeunterstützungsgeld
- Pflegekurse für Angehörige
- Pflege- und Beratungseinsatz
- Technische Pflegehilfsmittel (z.B. Pflegebett, Rollstühle, Toilettenstühle, Rollatoren, Sprachcomputer, Hörgeräte, Anti-Dekubitus-Matratzen etc.)
Pflegegrad 3 – Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
In diesem Grad ist dein Hilfebedarf deutlich höher. Du brauchst täglich Hilfe bei mehreren Bereichen des Lebens – sei es bei der Körperpflege, beim Gehen oder bei der Haushaltsführung.
Punkte im Begutachtungssystem: 47,5 bis unter 70
Leistungen:
- Pflegegeld (599 € pro Monat bei häuslicher Pflege durch Angehörige)
- Pflegesachleistungen (1497 € bei ambulanter Pflege durch einen Pflegedienst)
- Tages- oder Nachtpflege (1357 € im Monat)
- Vollstationäre Pflege (1319 € pro Monat)
- Entlastungsbetrag (131 € pro Monat)
- Verhinderungspflege (1.685 € jährlich)
- Kurzzeitpflege (1.854 € jährlich)
- Wohngruppenzuschuss (224 € monatlich)
- Hausnotruf (bis 25,50 € monatlich)
- Pflegehilfsmittel (bis 42 € monatlich)
- Wohnraumanpassung (bis 4.180 € pro Maßnahme)
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) (bis 53 € monatlich)
- Pflegeberatung (verpflichtend ab Pflegegrad 2 – hier, einmal pro Halbjahr)
- Pflegeunterstützungsgeld
- Pflegekurse für Angehörige
- Pflege- und Beratungseinsatz
- Technische Pflegehilfsmittel (z.B. Pflegebett, Rollstühle, Toilettenstühle, Rollatoren, Sprachcomputer, Hörgeräte, Anti-Dekubitus-Matratzen etc)
Pflegegrad 4 – Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Hier brauchst du umfangreiche Hilfe in fast allen Bereichen deines Alltags – möglicherweise auch mehrmals täglich und mit zeitlichem Aufwand.
Punkte im Begutachtungssystem: 70 bis unter 90
Leistungen:
- Pflegegeld (800 € pro Monat bei häuslicher Pflege durch Angehörige)
- Pflegesachleistungen (1859 € bei ambulanter Pflege durch einen Pflegedienst)
- Tages- oder Nachtpflege (1685 € im Monat)
- Vollstationäre Pflege (1855 € pro Monat)
- Entlastungsbetrag (131 € pro Monat)
- Verhinderungspflege (1.685 € jährlich)
- Kurzzeitpflege (1.854 € jährlich)
- Wohngruppenzuschuss (224 € monatlich)
- Hausnotruf (bis 25,50 € monatlich)
- Pflegehilfsmittel (bis 42 € monatlich)
- Wohnraumanpassung (bis 4.180 € pro Maßnahme)
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) (bis 53 € monatlich)
- Pflegeberatung (verpflichtend ab Pflegegrad 2 – hier, einmal vierteljährlich)
- Pflegeunterstützungsgeld
- Pflegekurse für Angehörige
- Pflege- und Beratungseinsatz
- Technische Pflegehilfsmittel (z.B. Pflegebett, Rollstühle, Toilettenstühle, Rollatoren, Sprachcomputer, Hörgeräte, Anti-Dekubitus-Matratzen etc)
Pflegegrad 5 – Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
Pflegegrad 5 bedeutet, dass du rund um die Uhr auf Unterstützung angewiesen bist – z. B. wegen starker körperlicher oder neurologischer Einschränkungen.
Punkte im Begutachtungssystem: 90 bis 100
Leistungen:
- Pflegegeld (990 € pro Monat bei häuslicher Pflege durch Angehörige)
- Pflegesachleistungen (2299 € bei ambulanter Pflege durch einen Pflegedienst)
- Tages- oder Nachtpflege (2085 € im Monat)
- Vollstationäre Pflege (2096 € pro Monat)
- Entlastungsbetrag (131 € pro Monat)
- Verhinderungspflege (1.685 € jährlich)
- Kurzzeitpflege (1.854 € jährlich)
- Wohngruppenzuschuss (224 € monatlich)
- Hausnotruf (bis 25,50 € monatlich)
- Pflegehilfsmittel (bis 42 € monatlich)
- Wohnraumanpassung (bis 4.180 € pro Maßnahme)
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) (bis 53 € monatlich)
- Pflegeberatung (verpflichtend ab Pflegegrad 2 – hier, einmal vierteljährlich)
- Pflegeunterstützungsgeld
- Pflegekurse für Angehörige
- Pflege- und Beratungseinsatz
- Technische Pflegehilfsmittel (z.B. Pflegebett, Rollstühle, Toilettenstühle, Rollatoren, Sprachcomputer, Hörgeräte, Anti-Dekubitus-Matratzen etc)
- Zusätzlich: Anspruch auf spezielle pflegerische Maßnahmen und intensive Betreuung
5 Tipps, rund um den Pflegegrad
- 1. Lass dich gut beraten!
Nutze kostenlose Pflegeberatungen – zum Beispiel bei deiner Pflegekasse oder bei unabhängigen Beratungsstellen (z.B. EUTBs). Sie helfen dir, passende Leistungen zu finden und Fristen einzuhalten. - 2. Denke rechtzeitig an den Antrag
Je früher du den Pflegegrad beantragst, desto eher bekommst du Unterstützung. Der Antrag selbst ist formlos möglich – ein Anruf bei der Pflegekasse reicht erstmal aus.
Lass dir deinen Anruf schriftlich bestätigen. Nur so hast du einen Nachweis über das Datum des Antrags.
Du kannst den Antrag bei vielen Pflegeversicherungen auch online stellen. Eine alternative wäre das direkte Gespräch mit einem Pflegestützpunkt. Die beraten vor Ort ausführlich. Allerdings kann das schon mal dauern mit einem Termin. Bitte dann nicht warten, sondern doch lieber bei der Pflegekasse anrufen. So ist der Tag der Beantragung vermerkt. - 3. Bereite dich gut auf den Begutachtungstermin vor
Halte fest, wo du im Alltag Hilfe brauchst. Führe am besten ein Pflegetagebuch oder bitte eine vertraute Person, dich beim Gespräch mit dem Gutachter zu unterstützen.
Überleg dir, wie du dich an deinem schlechtesten Tag fühlst, was du alles NICHT kannst oder wobei du Hilfe brauchst. Es ist dir nicht geholfen, wenn beim Gutachtertermin alles klappt und toll ist und du einen Tag später wieder auf der Nase liegst, und nichts geht. Das sieht der Gutachter dann leider nicht. - 4. Nutze den Entlastungsbetrag für deinen Alltag
Mit den 131 € monatlich kannst du dir z. B. Hilfe im Haushalt, beim Einkaufen oder als Alltagsbegleiter organisieren – auch bei Pflegegrad 1!
Es gibt derzeit 16 unterschiedliche Regelungen zum Entlastungsbetrag. Jedes Bundesland hat andere Voraussetzungen. Deshalb erkundige dich genau, was dein Bundesland verlangt, dass der Betrag abgerechnet werden kann. - 5. Pflegegrad überprüfen lassen, wenn sich etwas verändert
Wenn sich dein Zustand verschlechtert hat, kannst du jederzeit eine „Höherstufung“ beantragen. Lass dich dabei unbedingt beraten, damit du nichts verschenkst.
Mein Fazit
Ein Pflegegrad kann dich in vielem Unterstützen – nicht nur finanziell, sondern auch ganz praktisch im Alltag. Ob es um Hilfsmittel, Unterstützung im Haushalt oder barrierefreies Wohnen geht. Es lohnt sich, genau hinzuschauen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Ein Pflegegrad sorgt auch dafür dass du mobil bleibst – oder wieder wirst.
Eine großartige Seite mit umfangreichen Artikeln zum Thema ist Pflege.de Ich empfehle sie gerne weiter, weil es unmöglich ist, sich alles zu merken.
Bleib dran – du bist nicht allein auf diesem Weg!
* Bild von codipunnett auf Pixabay